Lernen von den Meistern
Auch dieses Jahr besteht wieder die Möglichkeit Kurt Forsters geniales Permakultur-System
auf 750m² bei St. Gallen anzusehen. Aus meiner Sicht ein Muß für jeden Permakulturisten!
– Es folgt ein Bericht über einen Besuch bei Kurt Forster von Jochen Koller:
Ein Schwerpunkt des „Forschungsinstitut für Permakultur und Transition“ (www.permakultur-forschungsinstitut.net ) ist die Sammlung des Wissens und Können alter Meister. Oft sind das Wissens-Schaffer gewesen, die schon verstorben sind, wie Raoul H. Francé. Glücklicherweise gibt es auch welche, die noch sehr lebendig sind wie Kurt Forster in Herisau/Schweiz.
Dankenswerterweise war es möglich, dass eine Gruppe von Menschen aus Süddeutschland eine Führung bei ihm mitmachen durfte und ich meinen Mentor und Freund wieder in seinem wunderbaren Selbstversorgungsgarten und Haus besuchen durfte.
Es ist immer wieder faszinierend, was für ein fast perfektes Permakultur-System Kurt hier auf
750 m² (incl. Hausfläche) am Hang auf 800m bei Temperaturen bis –28°C aufgebaut hat.
Dabei ist er nicht nur in der Selbst-Versorgung mit Nahrung hervorragend, sondern produziert auch 200% seines Strombedarfs über Solarzellen auf seinem Dach, so dass er hier sogar 100% ins Netz einspeisen kann.
Geprägt durch eine Kindheit, die im 2. Weltkrieg begonnen hat, ist er mit einem Garten aufgewachsen. 1992 lernte er die Permakultur kennen und hat 1998 als Permakultur-Designer diplomiert. Seine Kindheit war auch geprägt vom Wasser und so hat er das Fruchtwassers im Mutterleib fast sofort eingetauscht gegen Rheinwasser, denn mit Fischen beschäftigt er sich seit seinem 6. Lebensjahr und er nutzt sie auch vielfältig.
So kann man sie in mehreren kleinen Teichen finden. Mal sind es Karauschen, mal Karpfen, mal im Wassertank im Gewächshaus andere Algenfresser, die den Wassertank vor Veralgung schützen und dem Regenwasser Dünger beigeben für seine Gewächshauskulturen.
Die Essensreste, die er nicht im Kompost entsorgen kann, wandern bei ihm in den Teich, wo die Fische sie fressen.
Am Bildrand links die genannten kleine Teiche im Süden des Gewächshauses schaffen u.a. ein mildes Klima an der Hausecke zum Gewächshaus, so dass auch Feigen bei –28°C noch überleben können (im Bild re.)
Hier wird etwas sichtbar, was Kurt meisterhaft beherrscht und Permakultur-Prinzip ist:
Die Schaffung möglichst kleiner und geschlossener Kreisläufe.
Bei ihm verlässt kein Material aus Garten oder Gewächshaus das Grundstück. So wurde aus einer kaputten Rottanne (nachdem sie gehäckselt wurde) ein saures Beet für Heidelbeeren, Cranberries und Preiselbeeren. Zuführen tut er kaum etwas, außer der Erde von Maulwurfshügeln für die Anzucht von Jungpflanzen.
Dieses Wissen über kleine Kreisläufe hat er auch an viele andere Menschen weitergegeben. Schon vor vielen Jahren in der Umwelterziehung, dabei praktisch auch an die Schüler in seiner Schule, die schon im Klassenzimmer praktische Möglichkeiten kennen lernten, z.B. die Verwertung von pflanzlichen Abfällen bzw. Humusaufbau zur Versorgung einer Banane mit Humus u.a. durch eine Wurmkiste im Klassenzimmer. Die Banane hatte er geschenkt bekommen, daraus entstand dann ein Projekt mit den Schülern.
Seit vielen Jahren unterrichtet er Permakultur und veröffentlicht z.B. in „Natürlich Gärtnern“.
Ziele von Kurt Forster für sein System:
- Hohe Produktivität auf kleiner Fläche
- Arbeiten in geschlossenen Kreisläufen (Produziere keinen Abfall)
- Keine Verwendung von Pestiziden und Kunstdünger
- Hohe Biodiversität-wildnishafte Gestaltung
- Urwaldähnliche Produktionssysteme in mehreren Stockwerken
- Wassermanagement: Auffangen, Hochlagern, vielfältig verwenden, sauber abgeben (wenn es den Fischen gut geht, passt auch das Wasser)
Sein System war von Anfang an permakulturell gut geplant und ohne Überforderung (was in guter permakultureller Planung berücksichtigt werden sollte). Es wurde immer nur Schritt für Schritt etwas Neues eingeführt. Terrassierung des Geländes und Humusaufbau auf dem reinen Lehm waren notwendig, um die Fläche zum Anbau von Gemüse, Beeren, Obst nutzbar zu machen.. Gerade in der Bodenzubereitung und Pflege ist Kurt ein Meister. Das hat er von den Fischen schon früh gelernt, dass diese nur gedeihen können, wenn ihr Milieu angepasst für sie ist und geeignete Räume geschaffen werden.
So hat er es entgegen der herkömmlichen Meinung auch geschafft, Amphibien und Fische in einem Teich zu haben. Er hat dafür gesorgt, dass die Amphibien Laichmöglichkeiten daneben haben, wo die Fische nicht hinkommen.
Trotzdem die Fläche nicht groß ist, ist es ihm auch gelungen, Waldgarten und Wildniszonen anzulegen und z.B. Wein und die kleine Kiwi in Obstbäume zu ranken.
Ein besonderen Wert hat er auf das Permakultur-Prinzip der Sektorierung gelegt, d.h. der gezielten Nutzung oder der Ausschaltung von Einflüssen von außen, wie Wind, Sonne, Lärm, Lebewesen, Gerüchen, Wasser usw. Die Sonne nutzt er für Strom und Wärmegewinnung.
Hier spielt sein ca. 35 m² großes Gewächshaus eine wichtige Rolle. Details seines Gewächshauses sind immer wieder in der Zeitschrift „Natürlich Gärtnern“ zu sehen und lesen gewesen. Das System ist wirklich extrem ausgeklügelt.
Kräuterspirale mit Wasserbecken zwischen Teich und Gewächshaus (li.) und große Kiwi im Gewächshaus, von denen Kurt im Winter ca. 400 Stück erntet und damit Vit. C-Bedarf abdeckt.
Das Wasser wird ums ganze Haus herumgeleitet in Bachläufen, Teichen, ins Gewächshaus, in die Beete und durch Terrassierung länger auf der Fläche gehalten und zur Erzeugung von Mulchmaterial, das auf Beeten nicht als „Unkraut“ aufgeht genutzt.
Lärm, Wind, Staub werden durch Hecken, Hausbegrünung, Erdüberschüttung vom Haus abgehalten bzw. gefiltert. Die Begrünungen werden auch wieder mehrfach genutzt, z.B. Kirschen auf der Ostseite des Hauses.
Dieses Haus mit seinem Garten und Besitzer ist immer eine Reise wert, speziell dann, wenn man nicht über sehr große Flächen verfügt. Aber auch wenn man über größere Flächen verfügt, kann man von Kurt Forster etwas über die Zusammenhänge in der Natur lernen bzw. was ein Lebewesen braucht, damit es in einer bestimmten Umgebung gut gedeihen kann.
Ich danke Kurt Forster persönlich und im Namen des Forschungsinstituts, dass er uns in seinen Garten und sein Wissen eintauchen ließ.
Copyright © 2011-2013, Jochen Koller